Info: Bedenkliche Stilllegung von no-ip.com


1. Juli 2014

Eine aktuelle Meldung, die vielleicht in der Flut der vielen Nachrichten untergehen mag und zunächst nebensächlich erscheinen dürfte, tickerte in den letzten Stunden über die Nachrichtenkanäle des World-Wide-Web:

Offenbar aufgrund des Vorwurfes, dass einige Nutzer des DynDNS-Dienstes “no-ip.com” Malware verbreitet hätten, hat der Softwareriese Microsoft vor einem US-Gericht per einstweiliger Verfügung erwirkt, dass die Domains des DynDNS-Dienstes kurzerhand an Microsoft übertragen wurden und die Redmonder den Dienst damit unter Kontrolle bringen und stilllegen konnten.

Die scheinbar positive Aktion mit dem Hauch eines aufmerksamen “Polizisten” hat durchaus einen bitteren Beigeschmack: bedeutet das damit doch auch, dass bestimmte Firmen offenbar sich weit über jedes Eigentumsrecht und Interessen Dritter hinwegsetzen können und mit rechtsstaatlicher Hilfe eine Quasi-Enteignung durchführen.
Nachvollziehbar ist sicherlich die Option, bei anhaltenden Beeinträchtigung der Internet-Sicherheit und fehlendem Zusammenarbeitswillen der beteiligten Unternehmen mit rechtlichen Mitteln Schadensbegrenzung zu betreiben, die vielleicht auch zur vorübergehenden Stilllegung eines Angebotes führen kann. Merkwürdig wird das Ganze aber dann, wenn neben dem vielleicht verständlichen Einschreiten vor Gericht auch gleich noch die Übertragung fremden Eigentums an den “Kläger” erfolgt.

Befremdlich wirken solche Nachrichten dann eben mindestens schon … und es passt in die Nachrichtenlage der letzten Tage, dass ein weiterer Global Player nach Facebooks bekanntgewordener “Nutzertests” mit manipulierter Kommunikation von hunderttausenden eigenen Nutzer “zur Untersuchung deren Verhaltens” ohne deren Wissen. Wer sich ohne Mühe ein ganz eigenes Recht herausnimmt und offenbar auch auf rechtsstaatliche Unterstützung bzw. fehlendes Einschreiten bauen darf, wirkt nicht zwangsläufig vertrauenswürdig – so wie es das ganze System, das solches Handeln ermöglicht und unterstützt auch ohne politisch motivierte Kritik hinterfragt werden sollte.

Vielleicht im Fall von Microsoft noch unterstellbare positive Grundgedanken des Handelns (bei dem der vermeintliche Schutz der Nutzer Auslöser sei), werden mit solchen Methoden sicherlich mit einem mehr als bitteren Beigeschmack versehen. … umso mehr, da es andere – auch rechtlich korrekte Möglichkeiten gibt und “die kleine Klitsche um die Ecke” von keinem Gericht der Welt mit gleichen Optionen ausgestattet worden wäre.

Der zunehmende Trend, Freiheits-, Persönlichkeits- und Eigentumsrechte in unnachvollziehbarer Selbstverständlichkeit zu beschränken oder gar ganz aufzuheben, wirkt mittlerweile nicht nur bedrohlich … er ist es auch.

Hintergrund DynDNS-Services:

Sogenannte Dynamic DNS-Services wie der Anbieter “no-ip.com” bieten Normalnutzern mit meist dynamisch vergebenen IP-Adressen die Möglichkeit, trotz ständig wechselnder IP im Internet unter einer eigenen Domain erreichbar zu sein. Das kann entweder dazu genutzt werden, um unterwegs unkompliziert auf den eigenen Rechner oder ein Intranet zugreifen zu können, oder eben auch eigene kleine Webservices (Webseiten, Datenbanken u.ä.) als quasi-normaler Internet-Anbieter zur Nutzung durch Dritte bereitzustellen. Die DynDNS-Dienste ermöglichen damit an jedem beliebigen Internet-Anschluß einen vollwertigen Zugriff im World-Wide-Web (selbstverständlich im engen Rahmen dessen, was normale Internet-Zugänge von Endnutzern zu leisten vermögen).

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